Armenien-Fonds Hayastan-Fonds e.V.
 
Gemeinnütziger Verein

Eine Woche voller Erlebnisse in Armenien

(geschrieben von Razmig Dichjekenian, Vorsitzender des Armenien-Fonds Hayastan-Fonds Deutschland)

Es war mein erster Besuch in Armenien seit 2018. Seitdem hat sich im Land viel verändert - im positiven und negativen Sinne. Daher war die Reise für mich besonders spannend.

Direkt am Flughafen wartete einer der Mitarbeiter des Hayastan All Armenian Fund auf mich – Khacho. Obwohl mein Flug eine Stunde Verspätung hatte und es mitten in der Nacht ankam, war das für ihn kein Problem – „Vochinch“ (egal) war seine Antwort. Auf dem Weg zum Hotel trifft mich die erste Szene am härtesten: „Yerablur“ – ein Friedhof. Hier waren tausende armenischer Flaggen ausgestellt – die jungen Soldaten, die im letzten 44-Tage-Krieg im Berg Kharabach starben. Auf dem Weg zum Hotel erzählte mir Khacho viel über die Grausamkeit des Krieges. Aber sein Wille ist wie bei vielen anderen im Land groß, das Land weiterhin zu verteidigen und ein Leben in Frieden zu schaffen.

Es war früher Morgen, als ich im Hotel ankam. Nach ein paar Stunden Schlaf traf ich im Frühstücksraum meinen alten Freund – Avedis, den langjährigen Vorsitzenden aus der Schweiz. Sofort traf ich mehrere alte Gesichter. Aber es gab auch neue Gesichter, mit denen sich schnell Freundschaften entwickelten.
Am Nachmittag hatten wir eine kurze Freizeit. Wir wollten die Zeit nutzen und direkt zum „Zinvori Dun“ gehen – einem Rehabilitationszentrum in Eriwan für die Soldaten. Es war beeindruckend, wie die Organisation funktioniert. Zahlreiche Mitarbeiter helfen über Jahre tausenden jungen Soldaten und geben ihnen eine neue Chance für die Zukunft.

Am Abend hatten wir ein Begrüßungstreffen mit den Mitarbeitern des Hayastan All Armenian Fund. Neben alten Bekannten waren auch einige neue Gesichter dabei. Hier haben wir uns viel über die letzten Jahre ausgetauscht: Wer im Krieg an die Front musste, was uns in unserem Umfeld besonders bewegte, aber auch etwas über die Politik im Land. Für mich war von Anfang an klar, dass wir alle das gleiche Ziel haben, die Wege aber unterschiedlich sind. Deshalb ist es in diesen schwierigen Zeiten in Armenien wichtig, miteinander zu reden und sich die Meinungen anzuhören.

Am nächsten Tag besuchten wir unser neues Projekt mit SmartArmenia: Ein Robotikprogramm für Kinder, die vom 44-tägigen Krieg betroffen waren. Dabei handelt es sich um Kinder, die  zum Beispiel einen älteren Bruder im Krieg verloren haben oder um ein Kind aus den vertriebenen Familien aus Berg Kharabach. Das Programm besteht aus 4 Gruppen: Zu diesem Zeitpunkt des Besuchs waren die größten Kinder im Alter von 13 bis 15 Jahren im Unterricht. Es war beeindruckend, wie ernst sie den Unterricht nahmen und mit voller Begeisterung den Anweisungen des Lehrers folgten. Für die Kinder ist das Thema besonders wichtig: Es bringt ihnen das Programmieren bei und fördert ihre Kreativität in diesem wichtigen IT-Bereich bereits in ihrer Kindheit.

Am Samstag, den 24. Juni fand unsere Jahrestagung statt. Auf der Tagesordnung standen die Präsentation der abgeschlossenen Projekte des Funds, der Finanzbericht für das vergangene Jahr, das Budget für das nächste Jahr, die zukünftigen Projekte, die Modernisierung der Satzung, die Diskussion über die gezielte Verwendung der Spenden an die Republik Armenien während des Krieges und die Situation in Arzach. Viele spannende Themen, die teilweise sehr stark von den politischen Entwicklungen in der Region abhängen.

Am Sonntag haben wir Lernagog in der Region Armawir (60 km westlich von Eriwan) besucht. Hier baut der Fund 12 Häuser und einen Kindergarten für Familien aus Berg Kharabach und Kashatagh. Dann ging die Reise weiter nach Norden: Unser Gjumri. Hier hat der Fund in den letzten Jahren 2 Häuser und einen Kindergarten für 36 Familien gebaut. Weitere 2 Häuser werden in den nächsten Jahren gebaut. Das Ziel: Dass möglichst viele Familien aus den Domiks (Blechhüten) ausziehen und unter würdevollen Bedingungen in einer Wohnung leben.

Am Montag hatten wir eine lange Reise vor uns: Die Region Tavush liegt im Nordosten des Landes. Hier besuchten wir das Noyemberyan-Krankenhaus. Das Haus wurde in den 1960er Jahren gebaut. Im Jahr 2010 wurde es mit finanzieller Unterstützung des Armenien-Fonds Hayastan-Fonds Deutschland und die Affiliate Partnern aus der Schweiz, dem Libanon und Australien renoviert und mit verschiedenen medizinischen Geräten ausgestattet. Der Armenia Fund USA baut derzeit ein weiteres Haus für Infektions- und Kinderstationen.

Anschließend besuchten wir das Dorf Berqaber an der Grenze zu Aserbaidschan. Hier hat der Fund die Hauptstraßen mit Solarenergiebeleuchtung ausgestattet. Darüber hinaus werden der Kindergarten und 38 Häuser mit Hilfe von Photovolkaik-Geräten mit Warmwasser versorgt. Darüber hinaus profitieren die Feldbauern von der Wasserversorgung, die ebenfalls vom Fonds umgesetzt wurden. Das Ziel ist klar: Die Menschen vor Ort unterstützen, ihnen Sicherheit geben und sie an der Abwanderung hindern.

Am letzten Tag besuchten wir das Pflegeheim Nork in Eriwan. Das Altersheim wurde mit Mitteln der Hayatan Foundation Toronto renoviert. Damit können 207 Senioren ein menschenwürdiges Leben führen. Unter ihnen ist der 98-jährige Hagop aus Aleppo. Er war sehr glücklich über unseren Besuch und erzählte, wie die starke armenische Gemeinschaft in Aleppo überlebt hat.

Nach 7 Tagen voller Erlebnisse ging meine Reise in Armenien zu Ende. Ich habe viele nette Leute kennengelernt und viele Geschichten gehört. Es gibt eine Geschichte, die ich nicht hören konnte: die Stimme der Armenier in Berg-Karabach. Ich hoffe, dass bei meinem nächsten Besuch die Blockade von Berg-Karabach aufgelöst ist  und ich die Gelegenheit habe, diese Region auch zu besuchen.

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